Die erste Herausforderung unserer Reise erwartete uns schon vor dem Abflug: Beim Check-in zeigte sich, dass wir nicht weniger als 18 Gepäckstücke (!) dabei hatten. Klar, wir mussten ja auch einen kompletten Messestand mitnehmen. Der passt nun mal nicht in einen kleinen Trolley.

Und schließlich hatten wir auch schon ganz andere Aufgaben bewältigt. Deshalb waren wir jetzt auf dem Weg nach Malaysia, wo die Weltmeisterschaft von „Formel 1 in der Schule“ stattfinden sollte.

Eingeladen waren 50 Teams aus 27 Ländern – darunter wir, das Team Pioneers vom Gymnasium Kronshagen. Unsere Mannschaft, bestehend aus Hanno Christiansen (19), Bendix Sonnenberg (18), Fiete Scheel (19), Linus Pimat (18), Carl von Brandis (17) und Jorina Sendel (16), war im Frühjahr deutscher Vizemeister von Formel 1 in der Schule geworden und hatte so das WM-Ticket gelöst.

Schrecksekunde nach der Landung – wo ist der Lehrer?

Als wir nach 24 Stunden schließlich in Kuala Lumpur gelandet waren, trafen wir am Flughafen wie geplant ein Team aus Österreich, mit dem wir zum Hotel fahren sollten. Der Plan war gut, aber er klappte nicht, denn wir hatten unseren Betreuungslehrer verloren.

So wartete das andere Team eine ganze Weile auf uns, während wir telefonierten und umherliefen, um den Lehrer zu finden. Am Ende gelang das auch (er war beim Geldwechseln aufgehalten worden), und wir fuhren zum Sunway Resort. Dort befand sich nicht nur unser Hotel, sondern auch der Grand Lagoon Ballroom, in dem der Wettbewerb stattfinden sollte.

Der begann am Freitag mit der Registrierung. Wir mussten alle Wettbewerbsmaterialien inklusive Autos abgeben und erhielten Schlüsselbänder, die auch als Ausweis dienten.

Eigentlich wäre der restliche Tag frei gewesen, doch wir mussten noch die letzten Inhalte für die Box erstellen und an der Präsentation feilen. Bewertet wird bei dem Wettbewerb nämlich nicht nur Technisches wie Konstruktion, Fertigung und Fahrzeit des Autos, sondern auch der Auftritt, zu dem Sponsoren- und Marketingarbeit sowie eine mündliche Präsentation gehören.

Die erste Freude gab es, als klar wurde, dass wir zu den 30 Prozent der Teams zählten, die keine „kritische Regel“ bei der Konstruktion des Autos verletzt hatten. Frohen Mutes starteten wir also in den Wettkampf und ließen das „Design & Engineering Judging“, eine Art Frage- und Antwortspiel zu den Hintergründen des Autos, über uns ergehen.

Ganz fehlerfrei war unser Flitzer aber doch nicht, wie sich beim „Scrutineering“ zeigte. Die Führungsösen waren zu klein und der Unterboden zu niedrig. Kein Drama, aber es kostete uns 12 von 1.000 Punkten.

Nachdem das Auto sich in der Theorie gut geschlagen hatte, sollte das nun auch praktisch geschehen. Und siehe da, beim Reaktions-Zeitrennen landete unser „last Pioneer“ auf Platz eins. Offen gestanden waren wir selbst überrascht, da das Tempo bisher eine unserer Schwächen gewesen war und wir das Auto vor der WM nicht richtig testen konnten.

Beim entscheidenden Rennen blieb das Auto plötzlich stehen

Am Montag folgte die mündliche Präsentation, eine echte Herausforderung, denn sie fand komplett auf Englisch statt. Support gab es von unserer zweiten Betreuungslehrerin, die Englisch unterrichtet. So meisterten wir auch diese Prüfung, obwohl die Umstände nicht ganz einfach waren, da eine Präsentation im Nebenraum lautstark von den Fans unterstützt wurde.

Der letzte offizielle Bewertungspunkt war dann das „Enterprise Judging“ an der Teambox. Das ging sehr schnell vonstatten, weil die Jury die Technik am Stand ausprobierte und wir ein Mitglied der Jury bereits von der Regional- und der Deutschen Meisterschaft kannten.

Am Dienstag wurde es noch mal spannend: Hier stand das „Knock-out-Race“ an, bei dem das Team mit der schnelleren Rennzeit inklusive Reaktionszeit in die nächste Runde kommt. Und wieder lief es gut für uns – dank einer guten Fahrtzeit bekamen wir ein direktes Ticket für die zweite Runde.

Sehr motivierend dabei waren die Bilder, die uns von daheim erreichten: Tatsächlich fieberte die gesamte Schule vor dem Livestream mit. Auch die anderen Teams feuerten uns immer wieder begeistert an.

Und so kamen wir am Mittwoch ins Finale. Die Spannung stieg, vor allem bei unserem Starter Fiete. Irgendwie verständlich, denn kurz vor dem Start tauchte überraschend auch noch Chase Carey an unserem Stand auf. Und der ist immerhin oberster Chef der Formel 1.

Aber damit nicht genug: Beim entscheidenden Rennen blieb unser Auto plötzlich auf halber Strecke stehen. Offenbar hatte jemand versehentlich eine leere Gaspatrone ins Heck gesteckt. Glücklicherweise wurde der Durchgang wiederholt.

Der Sieg beim Knock-out-Race sollte nicht der einzige Preis bleiben, den wir gewannen. Wir wurden nominiert für den „Team Identity Award“, den „Best Pit Display Award“, den „Research & Development Award“ und gewannen im Segment „Best Enterprise Portfolio“.

Und es kam noch besser. Als der Tag endete und die drei Gesamtsieger der Weltmeisterschaft verkündet wurden, hörten wir plötzlich unseren Namen. „Third Place for Team Pioneers“, hieß es.

Bronze! Für uns!! Wahnsinn!!! Damit hatten wir bei aller Zuversicht nicht gerechnet. Kein Wunder, dass an diesem Abend auch einige Freudentränen flossen.

Vor dem Rückflug verbrachten wir noch einige Tage in Kuala Lumpur City und schauten uns die Stadt an. Außerdem gab es einen Abstecher zur „echten“ Formel 1, denn die traf sich gerade zum Grand Prix von Malaysia. Unser Landsmann Sebastian Vettel hatte dort leider nicht so viel Glück wie wir. Er landete auf Rang vier.

Spielerisch lernen

„Nordmetall Cup Formel 1 in der Schule“ ist Teil eines international ausgetragenen Technologie-Wettbewerbs, bei dem Schüler im Alter von 11 bis 19 Jahren als Team einen Miniatur-Rennwagen am Computer entwickeln, bauen und ins Rennen schicken. Peter Golinski, Geschäftsführer für Bildung und Arbeitsmarkt beim Verband Nordmetall: „Die Schüler erfahren beim Nordmetall-Cup ganz praktisch, wie ein Industrieprodukt entsteht: von der Finanzierung über die Konstruktion und Produktion bis zum Marketing.“

Clemens von Frentz
Leiter aktiv-Redaktion Nord

Der gebürtige Westfale ist seit über 35 Jahren im Medienbereich tätig. Er studierte Geschichte und Holzwirtschaft und volontierte nach dem Diplom bei der „Hamburger Morgenpost“. Danach arbeitete er unter anderem bei n-tv und „manager magazin online“. Vor dem Wechsel zu aktiv leitete er die Redaktion des Fachmagazins „Druck & Medien“. Wenn er nicht für das Magazin „aktiv im Norden“ in den fünf norddeutschen Bundesländern unterwegs ist, trainiert er für seinen dritten New-York-Marathon.

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